ethical fashion for all of you
07. September 2021 // Text: Kerstin // Fotos: Privat

„Wenn Du mal einen Laden in Bonn aufmachst, …“

Ich weiß noch genau, was ich gedacht habe, als Anfang des Jahres feststand, dass mein Blogbeitrag im September dran ist: „Das ist ein sehr guter Zeitpunkt, denn dann liegt gerade der Urlaub hinter mir.“ Und tatsächlich spüre ich die Entspannung aus dem Urlaub immernoch, auch wenn mich mittlerweile der Alltag mit den Aufgaben rund um den Laden und zwei Schulkindern zuhause wieder voll im Griff hat. Wir waren wieder auf „unserem“ geliebten Bauernhof mitten im norddeutschen Nirgendwo, in der Nähe von Schlei und Ostsee. Dieser Ort hat sich in den letzten zehn Jahren zu unserem Herzensort entwickelt, an dem wir als Familie wunderbar entspannen, runterfahren und den Alltag (und das Handy) hinter uns lassen können und das wirkt dann auch noch lange nach.

[Unsere Einfahrt zum Urlaubsglück 😊]

Zehn Jahre ist es nun auch her, dass meine Freundin Katharina „kiss the inuit“ gegründet hat und so begann auch mein Einstieg in die Welt der Eco Fashion – zunächst als Kundin, seit März 2014 als Shopleitung von kiss the inuit Bonn und ich kann es nicht anders sagen: ich liebe meinen Job und bin sehr dankbar dafür, Teil eines so tollen und vielfältigen Teams zu sein. Ich muss mich fast in den Arm kneifen, um zu glauben, dass auch der Bonner Laden nun schon seit 7,5 Jahren existiert und nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken ist. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich vor rund 8 Jahren – meine jüngere Tochter war gerade ein Jahr alt und ich nach unserem Umzug von Hamburg nach Bonn auf der Suche nach einem neuen Job – im Scherz zu Katharina gesagt habe: „Wenn Du mal einen Laden in Bonn aufmachst, ich bin dabei!“ Da hatte ich allerdings nicht mit Katharinas schier unermüdlichen Tatendrang gerechnet – denn nur wenige Wochen später sind wir mit unseren Familien und damals noch kleinen Kindern im Schlepptau durch die Bonner Innenstadt gezogen und haben uns leer stehende Ladenlokale angeschaut. Wiederum ein paar Monate später wurde der Laden in Bonn eröffnet, der sich seitdem zu meinem zweiten Zuhause entwickelt hat, in dem ich mich sehr wohl fühle.

Und auch wenn die Zeit seitdem einerseits wie im Flug vergangen ist, wird mir andererseits beim Zurückdenken sehr bewusst, was im Laufe der Jahre alles passiert ist. Während wir uns anfangs erst einmal in Bonn etablieren mussten, haben wir mittlerweile viele Stammkund*innen und dazu kommen fast täglich Menschen, die „kiss the inuit“ noch nicht kennen. Der Anfang war für mich der berühmte Sprung ins kalte Wasser – ich komme beruflich weder aus dem Einzelhandel noch aus der Modebranche, aber das Thema Fair Fashion fand ich sofort spannend und nachdem ich einmal damit angefangen hatte, mich mit den Unterschieden zur Fast Fashion auseinanderzusetzen, kam ich davon nicht mehr los. Schritt für Schritt lernte ich, wieviel soziales und ökologisches Elend mit der konventionellen Modeindustrie verbunden ist und was eigentlich Eco Fashion ausmacht, welche Produktionsbedingungen / Siegel / Materialien dahinter stecken – letztendlich lässt es sich zusammenfassen mit einem achtsamen und respektvollen Umgang mit Natur und Mensch.

Genau hier verbinden sich mein berufliches und mein privates Ich – ich bin tendenziell ein Harmoniemonster und möchte, dass es allen gut geht. Natürlich wünsche ich mir, dass auch meine Kinder und nachfolgende Generationen eine lebenswerte Zukunft vor sich haben. Und auch, wenn man angesichts all der negativen Entwicklungen und Ereignisse auf der Erde manchmal verzweifeln möchte, gibt es im direkten Umfeld doch immer soviel Positives, was man bewirken kann und darauf versuche ich mich zu konzentrieren.
„Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ An die Maxime dieses Sprichworts glaube ich: wenn jede*r bei sich anfängt und im eigenen, persönlichen Umfeld Gutes bewirkt und offen dafür ist, Dinge bei sich zu verändern, dann kann das für das große Ganze eben einen wirklichen Unterschied machen. Ich versuche, immer wieder auf meine innere Stimme zu hören, die gerne mal von vielen anderen Dingen überlagert wird – und das ist einer der Gründe, warum ich versuche, mir immer wieder kleine Auszeiten in den Alltag einzubauen. So genieße ich es, morgens mit dem Fahrrad von meinem Zuhause in Hersel zum Laden zu fahren oder abends noch eine Runde über die Felder oder am Rhein entlang zu laufen und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Dabei ist mir schon so manche gute Idee in den Sinn gekommen und in den letzten anderthalb Jahren, die dank Corona auf vielen Ebenen so kräftezehrend und nervenraubend waren, hat mich diese Routine im Grünen oft aus einem Tief geholt.

[Morgens auf dem Weg zur Arbeit]

Zum Schluss kommt hier noch eine Leseempfehlung, die ich Euch ans Herz legen möchte: „Mein grüner Kompromiss“ von Marie Nasemann – das war Teil meiner Urlaubslektüre und ich empfand es als sehr angenehm und unterhaltsam zu lesen, wie sie ohne den erhobenen Zeigefinger von ihrem Weg in und durch ein nachhaltiges Leben berichtet.